Liebe KundInnen und KollegInnen,
2023 steigen wir wieder in die Messen ein und freuen uns darauf. Parallel wird es weiter diese virtuelle Messe geben, für diejenigen, die nicht kommen können.
Zunächst ein Rückblick: 2022 war unser Jubiläumsjahr (45 Jahre), aber auch: das heißeste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Corona war noch Thema, und on top: der Krieg gegen die Ukraine und seine Folgen.
Für uns als Importeur und Hersteller bedeutete das: eine schwierigere Warenbeschaffung und höhere Preise. Auch aufgrund der hohen Inflation in Deutschland hatten wir ca. 20% Umsatzrückgang, was unseren Betrieb aber erstmal nicht so gefährdet hat, wie unglücklicherweise einige andere Öko-Firmen.
Trotzdem gibt es auch etwas Aufwind. Wir spüren an den Gewürznachfragen, dass die Herstellerfirmen wieder experimentieren und neue Produkte entwickeln. Auch wir können dieses Jahr wieder einige Neuprodukte vorstellen – dazu weiter unten.
Was tut sich in der Bio-Politik?
Was uns sehr beschäftigt, ist das Roll Back bezüglich Bio in der EU. Gute Ideen und Maßnahmen werden entweder rückgängig gemacht oder durch Über-Bürokratie torpediert. Als hätten zu viele Lobbykräfte im Hintergrund das Ziel herausgegeben: „Bio sind die neuen Globuli“, alles Placebo.
Die neue EU-Bio- Verordnung hat z.B. unsere Import-Nachlaufkosten verdreifacht, und stellt ein unkalkulierbares Risiko (Deklassifizierung durch geringste Dokumentenfehler) für kleine mittelständische, europäische Importeure sowie für Drittland-Bauern dar. Der Satz: „wir exportieren besser nur noch in die USA“ fiel schon mehrfach. Im Moment werden diese Fälle, z.B. wo Ware nicht mehr Bio war, nur weil das Schiff früher abgefahren ist, in der Branche gesammelt, um damit in Brüssel eine Gesetzes-Korrektur zu erreichen, um reine Dokumenten-Frist-Fehler heilen zu können und die Ware dadurch vor der Vernichtung zu schützen.
Massive Kräfte in der EU-Kommission versuchen seit neuestem, von der errungenen Prozessorientierung wieder zur Rückstand-Ergebnisorientierung in der neuen EU-Verordnung zu kommen. Das bedeutet, es ist nicht wichtig, was der Bio-Betrieb macht (dass er selbst keine Pestizide/ Mineraldünger in die Umwelt bringt etc.), sondern es gilt, was am Ende analytisch gemessen wird.
Bei unserer letzten Biokontrolle im Dezember hatten wir eine lange Diskussion mit unserer Kontrollstelle – sie teilte uns die neue (bisher nur mündlich verordnete) Regelung der EU-Kommission mit, es müsse jeder noch so niedrige Rückstand unterhalb BNN-Orientierungswerten oder sogar unter der Messgrenze (<0,01), gemeldet werden.
In der Realität führen diese Meldungen in das EU-Bio System OFIS zu monatelangen Sperrungen sowie meistens zur „vorsorglichen“ Deklassifizierung gesamter Ernten in Drittländern, auch wenn die Bio-Konformität im Ursprungsbetrieb von der dortigen Kontrollstelle bestätigt wird. Auch wenn es keiner hören will: die EU-Bürokratie befeuert in großem Umfang so die Lebensmittelvernichtung von Bio-Produkten.
Wir haben uns schlussendlich darauf einigen können, weiter nach Absatz 27 der EU-Bio-Verordnung zu verfahren. Dort ist gesetzlich geregelt, dass wir die ersten Prüfungen und Bewertungen selbst vornehmen und erst bei offensichtlichem Betrugsverdacht Meldungen machen (zu unseren Sorgfaltsmaßnahmen zählt u.a. natürlich auch die langjährige, vertrauensvolle Zusammenarbeit mit unseren Lieferantenpartnern).
Im Jahr gehen ca. 1500 Pestizidanalysen durch unsere Hände – ca. die Hälfte weisen Pestizidspuren im niedrigsten (gerade noch messbaren) Bereich auf. Dr. Günter Laach im wissenschaftlichen Beirat des BNN-Trockenmonitorings (wir sind Gründungsmitglied) bringt es auf den Punkt: “Bioprodukte können nicht sauberer sein als die Umwelt, in der sie wachsen.” Dazu der Punkt des Pestizidberichts 2022: Seit 1990 hat sich der Pestizidverbrauch weltweit um 80% erhöht… (Pestizidatlas 2022).
Klima-, Energie- und Kostenunsicherheit
Bei unseren deutschen und europäischen Lieferanten, Bauern und Betriebe, die die landwirtschaftliche Rohware von Vertragsbauern vernetzen und verarbeiten, ist die Energiesituation ein großes Thema. Sie ist nicht kalkulierbar („Glaskugellesen“, „Problem Herbst 2022 und Vorschau 2023 sind stark gestiegenen Kosten der Aufbereitung und Trocknung, die Energie kostet das 4 fache!“ und „2023: Kräuteranbau nur in Kultur und ca. Menge geplant, Preise sind nicht fixiert oder stabil, da keine Kosten der Herstellung kalkulierbar“). Sie wird einerseits nochmal zu einer neue Preisfindungswelle (ein schöner Kandidat für das Wort des Jahres) für die Ernten 2023 führen.
Andererseits sinkt in solch einer Krisensituation typischerweise die Qualität. Abnehmer sind auf der Jagd nach den günstigsten Einkaufspreisen, dafür muss für das Überleben der Anbau- und Aufbereitungsbetriebe an Technologien und anderen Qualitätsaufwänden gespart werden (Beispiel: „der Mehrwert des im inertem Gas N2 vermahlenen Produktes (lange Stabilität, langes MHD, nat. Konservierung der Fette & Öle), ist nicht mehr beim Kunden preislich durchzusetzen“). Als letztes wird dann (seitens der VerbraucherInnen) an Bio gespart werden. Das Schlimme ist, dass dabei auch Wissen verloren geht – aufwendigere Anbau- und Verfahrensmethoden – zugunsten des kurzfristigen Preisvorteils.
Deutlich wird, dass die Trockenheit in Deutschland ihren Tribut fordert. Es wird mehr Bewässerung benötigt. Gewürze wie Kümmel und Koriander, sowie Kräuter haben es in ehemals typischen Regionen schwerer, der Anbau wandert Richtung Osten. Solidarität mit den Vertragsbauern: „im Anbau zahlten wir freiwillig 10 – 20 % mehr den Anbauern ohne Beachtung der Anbauverträge und vorliegenden Verkaufskontrakte! Angedacht ist eine weitere Zahlung nach Bilanzierung der Mehrgewinne im März 2023“.
2022 aus der Sicht eines Drittlandes - Review of the past year
Mit dem Kleinbauernprojekt PDS / Sahyadri Spice Farmers arbeiten wir schon seit Jahrzenten zusammen. Sie schreiben:
„We faced EU certification last year, and EU delisted our CB from the farm level, and then from the process level as well. We had faced several difficulties in completing the audit process and related issues and delays. We are attempting to resolve our certification mess, currently working with three certification bodies rather than one since 2022. All three certifying bodies have completed their audits, and we are in the process of clearing the non-conformities. We should be back on our feet by the middle of January with all certificates’ scope validated. This was the main issue we faced in the last year.“
„Letztes Jahr wurden wir mit der EU-Zertifizierung konfrontiert, und die EU strich unserer Kontrollstelle die Zulassung für den Bereich Anbau/ Landwirtschaft und dann auch für den Bereich Verarbeitung. Wir hatten mehrere Schwierigkeiten beim Abschluss des Auditprozesses und damit verbundene Probleme und Verzögerungen. Wir versuchen, unser Zertifizierungsproblem zu lösen, indem wir seit 2022 nicht mehr mit einer, sondern mit drei Zertifizierungsstellen zusammenarbeiten. Alle drei Zertifizierungsstellen haben ihre Audits abgeschlossen, und wir sind dabei, die Nichtkonformitäten zu beseitigen. Bis Mitte Januar sollten wir wieder auf den Beinen sein und den Geltungsbereich aller Zertifikate validiert haben. Dies war das Hauptproblem, mit dem wir im letzten Jahr konfrontiert waren.“ (Anm.: Die EU-Kommission hat vier großen Ökokontrollstellen die Zulassung für Indien entzogen, nachdem auf dem EU-Markt mit ETO-belastete Sesamsaat auftauchte. Der Entzug der Zulassungen wird kritisch gesehen, da vor allem die Lebensmittelkontrollen der indischen als auch der EU-Behörden versagt haben. Die ETO-Belastung betraf konventionell und bio. Die Belastung in Spuren entsteht auch durch kontaminierte Container, was vor allem im Bio-Bereich Probleme macht.).
Produkte
Ende 2021 wurde schon angekündigt, dass Salze ab 2022 auch biozertifiziert werden dürfen. Es ist aber noch nichts Richtiges daraus geworden, da nach wie vor die Durchführungsverordnungen zur EU-Bio-Gesetzgebung fehlen. Es wird noch verhandelt, und es gibt leider noch keine Infos, wann wir mit der Biozertifizierung von Salz rechnen können – aktueller Gerüchte-Stand: es formiert sich gerade eher eine generelle Ablehnung gegenüber der Biozertifizierung von Salz (Salz würde dann wie bisher bewertet). Von der Kommission aus würde allein Meersalz als bio-fähig präferiert, dagegen sei eine Lobby der Salz-Binnenländer aktiv. Nicht so einfach.
Neuprodukte
Unser Thema 2023 ist die Tanne (bzw. Nadelbäume). Während der Corona-Pandemie wurden in einigen (Gewürz-) Pflanzen Wirkstoffe entdeckt, denen eine Wirksamkeit bei Corona zugeschrieben wurde, unter anderem Sternanis, aber auch Tanne, Fichte Kiefer. Erfreulicherweise brachte dies für unseren kroatischen Partner, dem biozertifizierten Wildsammlungsprojekt Terra Magnifica, eine neue Einkommensquelle – auch für die Waldarbeiter - siehe das leicht Slapstik – Video: https://www.heuschrecke.com/studie-zum-hype/
Die Beschäftigung mit den Baumnadeln regte uns an, deren bezauberndes, aber total flüchtiges Aroma in einem Kräutersalz, einem Grün- und einem Schwarztee einzufangen. Das ist nicht so einfach, denn man schmeckt die ätherischen Öle der Nadeln nicht auf der Zunge, sondern riecht sie beim Atmen mit. Auch die Dosierung muss stimmen, denn sonst wird es bitter und erinnert eher an Schuhcreme als an einen duftigen Nadelwald. Und: die Nadelaromen brauchen Begleitung (Begleitgewürze), die sie einbetten.
Es sind nun folgende 3 Produkte entstanden – bereits lieferbar. Alle 3 gibt es natürlich auch im Kilo, bzw. Salz in der 2-Kilo-Packung.
#35435 TANNE-ZITRUS SALZ, Kräutersalz, kbA, 75g-Streudose,
Zut. Saale-Steinsalz# (ca. 65%, DE), Tannen-, Fichtennadeln, Hagebutte, Zitronenmyrte, Zitronenschale
Lichtgrün-zitronig duftendes Kräutersalz f. Rohkost, Dips, Salate etc.
#63773 TANNE-CURCUMA TEE, Schwarztee, kbA, 100g-Tüte,
Zut: Südindien Kleinbauern-Tee, Tannen-, Fichtenadeln, Curcuma.
Runde, würzig-duftige (erdig-himmlische) Teemischung
#63903 TANNE-JASMIN GRÜNTEE, kbA-FB, 100g-Tüte,
Zut: China Grüntee, China Jasmintee, Tannen-/Fichtennadeln.
Zartblumig und leicht würzige Grünteemischung (Fairbiotea)
ab ca. April besteht Hoffnung:
#32922 SUMACH, Beeren geschrotet (ohne Salz) IR, kbA, 75g
In einigen Wochen erwarten wir das beliebte türkische Tischgewürz Sumach in Bioqualität, Herkunft Iran. Schön säuerlich, leicht herb, verleiht fettigen, schweren, aber auch leichten Gerichten eine frische Note…
Pfefferschule
Eins unserer Messethemen ist Pfeffer. Mittlerweile gibt es viele, z.T. seltene Pfefferspezialitäten in Bio. In der Pfefferschule erklären und zeigen wir die Sorten - auch auf unserer Website unter
https://www.heuschrecke.com/gewuerze-kuechenkraeuter/pfefferschule/
Werbung & Social Media
Wir nutzen Facebook und Instagram für Branchen-Politik-Hintergrundwissen, Produktvorstellungen und Rezepte, Lieferantenberichte etc., um unsere KundInnen und darüber deren Kunden gut zu informieren – manchmal gibt es auch etwas Kultur (Twitter haben wir aufgegeben, als sich der Verkauf andeutete):
- https://www.instagram.com/heuschreckebio/
- https://www.facebook.com/HeuschreckeBio/
Wir werben in den bekannten Naturkostfachzeitschriften und haben immer ein Jahresthema - wir bleiben auch 2023 beim Thema Lieferkette. Soweit das in dem kleinen Format möglich ist, zeigen wir den Weg vom Feld bis in unsere Tüte oder Dose. Wo immer möglich, benennen wir die Bauern.
Kurze, transparente und bestmöglich faire Lieferantenverbindungen sind die Stärke der Naturkostbranche – auch ohne teure und ruinöse Zertifizierungsschlachten. Dieses Jahr haben wir Sternanis und Safran ausgesucht – es zeigt auch die Schönheit unserer Natur.
Mal gucken?
https://www.heuschrecke.com/home/aktuelle-informationen/